In einer schriftlichen Anfrage an die Linke, CDU/CSU, SPD, FDP und die Grünen bat das Bündnis um Antworten auf neun ausgewählte Fragen zur Gewährleistung des sozialen und kulturellen Existenzminimums. Im Folgenden finden Sie die Antworten der Bundestagsfraktionen zu den einzelnen Fragestellungen und nach der jeweiligen Partei gegliedert.
1. Für welche Verbesserungen bei den Berechnungsmethoden zur Ermittlung des soziokulturellen Existenzminimums setzen Sie sich ein?
die Linke
DIE LINKE hat die Berechnung des menschenwürdigen Existenzminimums durch die Bundesregierung massiv kritisiert. Grundsätzlich ist auszuschließen, dass über das sog. Statistikmodell die Verbrauchsausgaben einer bereits armen Referenzgruppe zur Ausgangspunkt der Ermittlung des Existenzminimums gemacht wird. Die Bundesregierung hat genau dies gemacht. Sie weigert sich, sogenannte verdeckt Arme aus der Referenzgruppe heraus zu rechnen. Zudem hat sie bei der Neuermittlung der Regelbedarfe die Referenzgruppe auf die – ärmeren – unteren 15% der Haushalte beschränkt, statt wie bislang üblich auf die unteren 20%. Auf diese Art und Weise wurde die Bezugsgruppe für die Ermittlung der Regelbedarfe bewusst ärmer gerechnet – mit dem offenkundigen Ziel die Leistungshöhe zu reduzieren. Zudem hat die Bundesregierung Verbrauchsausgaben schlicht als nicht regelbedarfsrelevant eingestuft und nicht berücksichtigt. DIE LINKE spricht sich dagegen für die konsequente Anwendung des Statistikmodells aus. Im Grundsatz sind die kompletten Verbrauchsausgaben der Referenzgruppe bei der Ermittlung des Existenzminimums zu Grunde zu legen. Auf diese Art und Weise ergibt sich nach den Berechnungen der LINKEN ein Regelbedarf für eine alleinstehende Person von mindestens 500 Euro. Daraus ergibt sich die Sofortforderung der LINKEN den Regelsatz auf 500 Euro anzuheben. DIE LINKE wird zudem ein Konzept einbringen, in dem keine Mindestsicherung mehr unter 1.050 Euro liegt.
CDU/CSU*
Die geltende Methodik zur Ermittlung der Regelbedarfe und die sich daraus ergebende Höhe halte ich für angemessen und sachgerecht. Mit den geltenden Regelbedarfen wird das Ziel der Sicherung des Existenzminimums erreicht.
SPD
Das sog. „Statistik-Modell“, bei dem die empirisch feststellbaren Verbrauchsausgaben der Haushalte im unteren Einkommensbereich die Grundlage für die Bemessung der Regelbedarfe darstellen, ist grundsätzlich ein geeignetes Verfahren, da es normative Wertungen minimiert. Allerdings setzt es verbindliche Parameter (z. B. über die gewählten Perzentile) voraus, die nicht bei jeder Auswertung einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) neu festgesetzt werden dürfen, da das Modell ansonsten beliebig wird.
FDP
Das Problem sozio-kultureller Teilhabe erschöpft sich nicht allein in materiellen Fragen und kann daher nicht allein über die Höhe oder Berechnungsmethode materieller Unterstützungsleistungen beantwortet werden. Priorität für die FDP hat zunächst, dass so viele Menschen wie möglich nicht mehr auf Sozialleistungen angewiesen sind und stattdessen selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihr Leben gestalten können. Durch unsere beschäftigungsfreundliche Politik konnte die Zahl der Menschen im Bezug von Arbeitslosengeld II um 700.000 bzw. über 11 Prozent gesenkt werden. Damit waren wir erfolgreicher als alle Regierungen zuvor. Diesen Weg werden wir mit aller Kraft fortsetzen. Darüber hinaus muss gewährleistet werden, dass im Lebensumfeld von Menschen mit Unterstützungsbedarf Angebote entstehen oder ausgebaut werden, die gesellschaftlich-kulturelle Teilhabe ermöglichen und gute Lebensperspektiven eröffnen.
Die Regelbedarfe haben wir nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichtes transparent und sachgerecht berechnet, was durch mehrere Gerichtsentscheide, u.a. auch vom Bundessozialgericht, bestätigt wurde. Dabei belassen wir es jedoch nicht, wir unterstützen die Weiterentwicklung statistischer Grundlagen und wissenschaftlicher Forschungen, so dass zum Beispiel auch die sogenannte verdeckte Armut künftig besser erfasst werden kann. Langfristig strebt die FDP die Vereinheitlichung und Pauschalierung aller Sozialleistungen in einem Budget an, das in Form des „Liberalen Bürgergeldes“ die Menschen über eine einzige Behörde unkompliziert erreicht. Mit dem liberalen Bürgergeld wollen wir die Unterstützung für Bedürftige und Arbeitslose neu ordnen.
die Grünen
Die aktuellen Regelsätze werden durch mehrere methodische Weichenstellungen künstlich klein gerechnet. Um den Vorgaben des BVerfG-Urteils vom 9.2.2010 zu entsprechen und Zirkelschlüsse zu vermeiden, wollen wir verdeckt arme Haushalte und kleine Aufstocker (mit einem Einkommen bis 100 Euro) aus der Referenzgruppe heraus rechnen. Geschieht das nicht, sind nicht die unteren Einkommen, sondern Menschen in Bedürftigkeit der Maßstab für die Grundsicherung. Die Vorschläge des IAB zur Mikrosimulation sollten weiter verfolgt werden, trotz der methodischen Schwierigkeiten, die Gruppe der verdeckt armen Haushalten eindeutig einzugrenzen. Bei der Referenzgruppe der Einpersonenhaushalte müssen wieder die untersten 20% der Einkommen und nicht mehr nur 15% berücksichtigt werden. Die Zusammensetzung des Regelbedarfs muss die Bedürfnisse der LeistungsempfängerInnen widerspiegeln. Besonders fraglich ist, ob die Bedarfe in den Regelbedarfsstufen 4-6 diesen Anforderungen genügen. Auch sind wir der Auffassung, dass bestimmte Güter im Regelbedarf nicht gut abgebildet werden können. Das gilt z.B. für weiße Ware, die nur sehr selten benötigt wird und dann besser gesondert beantragt werden können sollte. Insgesamt halten wir eine Erhöhung des Regelsatzes auf 420 Euro für erwachsene Alleinstehende für erforderlich. Unterhalb dieser Leistungshöhe ist die umfassende soziokulturelle Teilhabe nach unserer Auffassung nicht möglich. Generell wollen wir beim ALG II die Grundlage der Berechnung umstellen. Anstelle der bisherigen Bedarfsgemeinschaften wollen wir grundsätzlich eine individuelle Existenzsicherung. Dieses Ziel kann aber sicher nur Schritt für Schritt erreicht werden.
2. Stimmen Sie dem Vorschlag zu, die aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe gewonnenen Daten einer zusätzlichen Plausibilitätsprüfung zu unterziehen? Teilen Sie die Einschätzung, dass bei verschiedenen Bedarfspositionen die ermittelten Ausgaben unter dem Lebensnotwendigen liegen und z.B. die ermittelten Ausgaben für die Ernährung von Kindern nicht hinreichend für eine gesunde Ernährung sind? Für welchen Abgleich mit den tatsächlichen aktuellen Lebenshaltungskosten setzen Sie sich ein, damit es aufgrund der Mangelsituation bei den in der EVS ermittelten Ausgaben in den unteren Einkommensbereichen nicht zu Zirkelschlüssen kommt, die u.a. zu einer Mangelernährung bei Kindern führen können?
die Linke
Es ist dringend notwendig zu überprüfen, ob die über das sog. Statistikmodell ermittelten Regelbedarfe auch tatsächlich bedarfsdeckend sind. Von den Verbrauchsausgaben einer armen Referenzgruppe auf den tatsächlichen Bedarf zu schließen, ist ein Zirkelschluss. Zirkelschlüsse müssen durch Kontrolle konsequent vermieden werden. Es muss plausibel gemacht werden, dass die Bedarfe gedeckt werden können. Dies ist heute offenkundig nicht der Fall. DIE LINKE hat durch ein in Auftrag gegebenes Gutachten nachgewiesen, dass insbesondere für Kinder und Jugendliche mit den veranschlagten Geldern keine gesunde Ernährung möglich ist. Insofern muss insbesondere bei dem größten Einzelposten der EVS – Ernährung – sichergestellt sein, dass er bedarfsdeckend ist. Auch bei anderen Bedarfen – etwa Mobilität, Teilhabe etc. – ist die tatsächliche Bedarfsdeckung zu überprüfen. DIE LINKE hat in ihrem Antrag „Maßnahmen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenz- und Teilhabeminimum“ (Bundestagsdrucksache 17/2934) einen Warenkorb als Kontrollinstrument zur Überprüfung der Angemessenheit des Existenzminimums gefordert.
CDU/CSU*
Bei der Berechnung der Regelsätze wurden Neubewertungen gegenüber der Bemessung zum 1. Januar 2005 vorgenommen. Die Einkommens- und Verbrauchsstatistik 2008 bildet – wie verfassungsrechtlich geboten – mit ca. 230 Positionen die Grundlage der Berechnungen. Bei der Überprüfung, welche Ausgaben Geringverdiener in Deutschland tatsächlich tätigen, wurden wenige Positionen neu hinzugefügt (z.B. Internet-Softwaredownloads, Praxisgebühr) und „nicht regelsatzrelevante“ (z.B. Kraftfahrzeuge, Haushaltshilfen, Flugreisen, aber auch illegale Drogen, Tabak, Alkohol, Glücksspiel) oder anderweitig gedeckte Positionen (z. B. Unterkunftskosten) ausgeschlossen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist es Aufgabe des Gesetzgebers, solche Wertentscheidungen zu treffen und sie transparent und schlüssig zu begründen.
Es wurden erstmals gesondert kinderspezifische Bedarfe ermittelt und auf eine prozentuale Ableitung verzichtet, da das Bundesverfassungsgericht zu Recht festgestellt hat, dass Kinder keine „kleinen Erwachsenen“ sind. Deswegen wurden bei der Berechnung der neuen Kinderregelsätze die Verbrauchsausgaben von Haushalten mit Kindern herangezogen. Weil jedoch in der Einkommens- und Verbrauchsstatistik die Ausgaben für den privaten Verbrauch nur für den Haushalt insgesamt erfasst werden, mussten die Verbrauchsausgaben von Mehrpersonenhaushalten über Verteilungsschlüssel den einzelnen Personen zugeordnet werden. Dafür wurden Schlüssel verwandt, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von Wissenschaftlern speziell für Kinder ermitteln ließ. Der Bedarf von Kindern ändert sich auch mit dem Alter. Um ein möglichst realistisches Bild zu erhalten, wurden daher mehrere Altersstufen in den Blick genommen. Die Ergebnisse sind in die eigenständigen, gestuften Regelsätze für Kinder unterschiedlichen Alters eingeflossen. Um Zirkelschlüsse bei der Referenzgruppenbestimmung zu vermeiden, wurden bei der Auswertung der EVS 2008 im Gegensatz zu früheren Auswertungen die Haushalte vorab aus der Auswertung herausgenommen, die ausschließlich Transferleistungen beziehen. Haushalte, die in ihrer Wirtschaftskraft über dem Niveau der Transferleistungen liegen, wurden hingegen in die Auswertung einbezogen. Bezogen auf alle Haushalte (Einpersonen- bzw. Paarhaushalte mit 1 Kind) wurde jeweils mindestens das untere Fünftel der nach dem Einkommen geschichteten Haushalte in den Blick genommen. Die berücksichtigten Verbrauchsausgaben sollen in der Summe den Regelbedarf nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ergeben. Auf pauschale Abschläge bei der Bestimmung der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben – ein Hauptkritikpunkt des Gerichts – ist vollständig verzichtet worden.
Aus den genannten Gründen stimme ich den in der Frage gemachten Vorschlägen nicht zu.
SPD
Wir teilen die Position des Bundesverfassungsgerichtes, das in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 zwar das Statistik-Modell als grundsätzlich geeignet bezeichnet, aber die Bundesregierung aufgefordert hat, die Sicherstellung der Bedarfe durch ergänzende Studien, insbesondere zur Ernährung, zur Bildung und zur gesellschaftlichen Teilhabe, zu gewährleisten.
FDP
Für die Beantwortung der Frage, was ein Mensch zum Leben braucht, haben wir uns an den Ver-brauchsausgaben der Menschen orientiert, die ein Einkommen haben, das dem unteren Fünftel aller Haushalte in Deutschland entspricht. Dieses statistische Vorgehen ist angemessen und sachgerecht. Das wurde nicht zuletzt durch den Anfang Juli vorgelegten Bericht nach § 10 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bestätigt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hatte Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt die derzeitige Metho-dik der Regelbedarfsermittlung zu überprüfen und alternative Vorgehensweisen zu untersuchen. Hierbei ging es insbesondere auch um eine methodische Weiterentwicklungen zur Berücksichtigung sogenannter verdeckter Armut. Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Analysen und Be-rechnungen haben jedoch gezeigt, dass die derzeit gültige Methodik angemessen und sachge-recht ist. Das Ziel der Sicherung des Existenzminimums wird mit den geltenden Regelbedarfen erreicht.
Darüber hinaus zeigt ein Vergleich unterschiedlicher Milieus mit geringen Einkommen auch ein unterschiedliches Ernährungsbewusstsein und Ernährungsverhalten. Höhere Geldleistungen führen nicht zwangsläufig zu gesünderer Ernährung. Dies darf bei einer zielgerichteten Sozialpolitik nicht außer Acht gelassen werden. Daher bedarf es neben der Gewährung des materiellen Existenzminimums des Aufbaus milieuspezifischer begleitender Strukturen, die die Ernährungs- und Gesundheitskompetenz aller gesellschaftlichen Milieus verbessern, wie wir es zum Beispiel mit dem Präventionsgesetz begonnen haben
die Grünen
Eine zusätzliche Plausibilitätsprüfung der EVS-Daten steht in einem gewissen Widerspruch zum derzeit bestehenden Statistik-Modell. Gegen eine Wiedereinführung der Warenkorbmethode haben wir Bedenken. Wir sehen aber auch, dass der Zuschnitt der bisherigen Referenzgruppe zur Folge hat, dass bei den Einpersonenhaushalten RentnerInnen sehr stark vertreten sind. Altersbedingt sind deren Ausgaben typischerweise anders als beispielsweise bei jungen Erwachsenen. Unseres Erachtens liegt das Problem aber auch darin, dass ganze Verbrauchspositionen aus der Bedarfsbemessung herausgenommen worden sind, weil davon ausgegangen wird, dass sie von LeistungsempfängerInnen der Grundsicherung nicht in Anspruch genommen werden (müssen). Das lehnen wir ab. Die Bemessung des Regelsatzes muss sich an den tatsächlichen Ausgaben unterer Einkommensgruppen orientieren und einen „internen Ausgleich“ ermöglichen.
3. Welche Schritte schlagen Sie vor, um die soziale Situation von Kindern und Jugendlichen im Grundsicherungsbezug zu verbessern? Wie können die Fehlsteuerungen des Familienlastenausgleichs ausgeglichen werden, die heute im höheren Einkommensbereich zu einer stärkeren Entlastung der Eltern führen, als Grundsicherungsbeziehende an monetärerer Unterstützung erfahren?
die Linke
DIE LINKE schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor. Zunächst geht es im Familienkontext darum, das Einkommen der Eltern zu erhöhen – dazu setzt die LINKE auf ein Beschäftigungsprogramm, höhere Löhne und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Innerhalb des Sozialleistungssystems sind die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen sachgerecht neu zu ermitteln. Die Kinderregelsätze sind entsprechend zu erhöhen. Das Kindergeld und der Kinderzuschlag sind ebenfalls anzuheben. Perspektivisch setzt sich DIE LINKE für eine Kindergrundsicherung in Höhe des tatsächlichen verfassungsrechtlichen Existenzminimums ein, das derzeit bei 536 Euro liegt. Das sog. Bildungs- und Teilhabepaket hat sich als bürokratisches Monster erwiesen, dessen Leistungen bei vielen bedürftigen Kindern nicht ankommen. DIE LINKE will daher die über das Bildungs- und Teilhabepaket gewährten Leistungen zu Teilen in den Regelsatz einbeziehen oder durch den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur (Lernförderung in der Schule, Schulbeförderung, kostenfreie Schulverpflegung sowie Ausbau der Kinder- und Jugendhilfe) für alle Kinder und Jugendliche gewährleisten.
CDU/CSU*
Im letzten Jahr haben Bund, Länder und Kommunen 200 Milliarden Euro für Familien zur Verfügung gestellt. Mutterschafts-, Kinder- und Elterngeld sind zu wichtigen Stützen geworden. Das Ehegattensplitting gibt Eltern die notwenige Gestaltungsfreiheit für die Erziehung ihrer Kinder. Trotzdem entscheiden sich viele Paare nicht für ein Kind, weil die Erziehung und der Familienalltag von Stress, Organisations- und Leistungsdruck begleitet werden.
Deshalb war es richtig, dass wir die Effizienz und den Mitteleinsatz in der Familienförderung einer Wirkungsprüfung unterzogen haben. Dabei ist herausgekommen, dass Kinder- und Elterngeld spürbar das Armutsrisiko verhindern. Die Hilfe staatlicher Systeme muss gerade da ansetzen, wo Menschen in ihren Ressourcen eingeschränkt sind und unsere Unterstützung für die Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben benötigen. Die Unterstützung zu Verantwortungsfähigkeit und persönlicher Entfaltung richtet sich an alle Familien. Insbesondere sind kinderreiche Familien, Familien mit Migrationshintergrund, mit behinderten Kindern und mit pflegebedürftigen Angehörigen darauf angewiesen. Auch Alleinerziehende sind auf besondere Unterstützung angewiesen. Ich halte deswegen die staatliche Förderung von Einrichtungen wie Familienzentren, Betreuungs- und Bildungsstätten für notwendig und den richtigen Weg. Sie können Fehlsteuerungen im Familienlastenausgleich entgegenwirken.
SPD
Soziale Sicherung von Kindern darf in der Tat nicht auf die Mindestsicherung in den fürsorgeorentierten Sicherungssystemen des SGB II und des SGB XII reduziert werden.
Wir wollen für mehr Gerechtigkeit und Zielgenauigkeit in der Familienförderung sorgen. Heute bekommt ein Spitzenverdiener mehr Entlastung für seine Kinder als ein Normalverdiener, dies ist ungerecht. Gleichzeitig gelingt es im aktuellen System nicht, materielle Kinderarmut wirksam zu bekämpfen. Deshalb werden wir den Familienleistungsausgleich vom Kopf auf die Füße stellen. Wir wollen ein einkommensabhängiges Kindergeld für Familien mit geringen und unteren mittleren Einkommen einführen, in das wir den bisherigen Kinderzuschlag integrieren. Familien, die wenig haben, bekommen dann pro Kind und Monat bis zu 140 Euro mehr. Davon profitieren vor allem allein Alleinerziehende. Alle anderen Familien erhalten wie bisher ein Kindergeld von 184 Euro im Monat für erste und zweite Kinder, 190 Euro für dritte Kinder und 215 Euro für vierte und alle weiteren Kinder. Der darüber hinaus gehende bisherige Steuervorteil für Familien mit hohen Einkommen entfällt.
FDP
Vorrangiges Ziel der FDP ist es, Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Arbeit ist der beste Schutz vor Armut. Die Erwerbsaufnahme der Eltern ist auch für ihre Kinder der beste Weg aus der Bedürftigkeit heraus. Hier war die FDP in Regierungsbeteiligung so erfolgreich wie keine Regierung zuvor. Seit 2009 sind 700.000 Erwerbsfähige und 110.000 Kinder weniger im Leistungsbezug der Grundsicherung. Diesen Weg wollen wir fortsetzen mit einer Politik, die die richtigen Impulse für zusätzliche Arbeitsplätze setzt. Mit der durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts notwendig gewordenen Reform der Regelsätze haben wir erstmals die Kinderregelsätze eigen-ständig bemessen. Darüber hinaus haben wir mit dem Bildungs- und Teilhabepaket erstmals eine Anspruchsgrundlage für den Bildungs- und Teilhabebedarf von Kindern und Jugendlichen eingeführt und so einen Fehler der rot-grünen Regierung korrigiert, die diesen Bedarf überhaupt nicht berücksichtig hatte.
Die FDP hat sich bei der Erarbeitung eines Konzeptes für das Bildungs- und Teilhabepaket für ei-ne bundesweit einheitliche, bürokratiearme Lösung durch die Jobcenter eingesetzt. Die durch SPD und Grüne im Vermittlungsverfahren erzwungene Lösung, die die Verantwortung in die Hand der Kommunen gegeben hat, muss hinsichtlich ihrer Handhabbarkeit erleichtert und vereinheitlicht werden. Wir haben uns dafür eingesetzt, und werden dies auch weiterhin tun, dass die bestehenden Probleme bei der Handhabung des Bildungs- und Teilhabepaketes im Rahmen eines Runden Tisches von Bund, Ländern und Kommunen erörtert und gelöst werden. Erste Ergebnisse der Gespräche konnten wir im März 2013 als Gesetz im Bundestag beschließen, sodass es hier bereits konkret Verbesserungen für Kinder und Jugendliche gibt. Die FDP appelliert an die verantwortlichen Kommunen, sich untereinander besser auszutauschen und von guten Praxisbei-spielen zu lernen.
Darüber hinaus unterstützt die FDP mit dem Projekt „Offensive Frühe Chancen“, für das wir bis 2014 insgesamt 400 Millionen Euro zur Verfügung stellen, die Sprachkompetenz von Kindern in Kindertagestätten und Kindergärten in sozialen und migrationspolitischen Brennpunkten. Sodann bilden wir 4000 Elternbegleiter aus, die Familien aus benachteiligten Milieus zu Bildungs- und Fördermöglichkeiten für ihre Kinder beraten. Mit dem Projekt „Anschwung für frühe Chancen“ fördern wir die frühkindliche Entwicklung durch die Unterstützung vorhandener Strukturen und ihren Ausbau in der Kinderbetreuung vor Ort, um diese auch qualitativ besser auf die Bedürfnisse der Kinder und ihrer Eltern abstimmen zu können.
die Grünen
Unseres Erachtens spricht viel dafür, Familien zu entlasten. Wir gehen das Problem von mehreren Seiten an: Bildung und bessere Betreuung vom frühesten Kindesalter an, die allen Kindern unabhängig von der Herkunft die gleichen Chancen eröffnet, aber auch Familienberatung und Gesundheitsleistungen. Davon können Eltern und Kinder profitieren, weil so auch Erwerbsarbeit beider Eltern leichter möglich wird. Zum anderen: Mehr Geld für Kinder und ihre Eltern: Kinderregelsätze, die deren Bedarf wirklich decken und perspektivisch eine Kindergrundsicherung. Wir geben der direkten Förderung von Kindern den Vorzug gegenüber einer steuerlichen Förderung: Von einer steuerlichen Förderung profitieren Eltern umso stärker, je höher ihr Einkommen ist. Das finden wir ungerecht. Die Regelbedarfe für Kinder müssen nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts individuell und bedarfsdeckend berechnet werden. Die einzelnen Leistungen des so genannten Bildungs- und Teilhabepakets sind ebenfalls realitätsgerecht zu ermitteln und über eine Erhöhung des Regelbedarfs sowie über Investitionen in die Bildungs- und Teilhabeinfrastruktur abzugelten.
4. Unterstützen Sie die Forderung des Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum, die jährliche Anpassung der Regelsätze ausschließlich an der Preisentwicklung der regelsatzrelevanten Güter auszurichten?
die Linke
DIE LINKE begrüßt zunächst einmal, dass durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die jährliche Anpassung der Regelbedarfe von der Rentenentwicklung gelöst wurde. Dieser Maßstab war sachfremd, weil er mit der Grundsicherung nichts zu tun hat. Das menschenwürdige Existenzminimum muss stets gewährleistet sein – so das Bundesverfassungsgericht. Daher muss die Fortschreibung der Regelbedarfe mindestens die Inflationsentwicklung bei den regelsatzrelevanten Gütern ausgleichen. Sofern der nunmehr gewählte Mischindex – wie bisher – in der Praxis dieser Anforderung genügt, kann er beibehalten werden.
CDU/CSU*
Ich halte den derzeitigen Anpassungsmechanismus nach dem Mischindex für angemessen. Die Veränderungsrate des Mischindexes ergibt sich aus der Berücksichtigung der Veränderungsraten zweier Komponenten, nämlich der Preisentwicklung regelbedarfsrelevanter Güter und Dienstleistungen einerseits und der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer andererseits.
SPD
Die Fortschreibung der Regelbedarfe nach Maßgabe der regelbedarfsrelevanten Verbrauchspositionen war auch eine Forderung der SPD, da diese Anpassung der Systematik der Regelbedarfsbemessung nach den Verbrauchsausgaben entspricht. Allerdings wäre nicht gewährleistet, dass diese Anpassung tatsächlich höher ausfällt, als der nun gewählte Mischindex; bei einer positiven Lohnentwicklung kann der Mischindex zu einer höheren Anpassung führen, als es bei einer Anpassung nach den regelbedarfsrelevanten Verbrauchspositionen der Fall wäre.
FDP
Der Regelbedarf wird aktuell nach einem sogenannten Mischindex angepasst. Der Mischindex berücksichtigt zu 70 % die Entwicklung der regelbedarfsrelevanten Preise und zu 30 % die Entwicklung der Nettolöhne. Langfristig soll sich der Fortschreibungsmechanismus nach allen drei für die Ermittlung der Regelbedarfe maßgeblichen Parametern richten (Verbrauch, Preise, Nettolohnentwicklung), da somit das der Regelbedarfsermittlung zu Grunde liegende Statistikmodell sachgerecht wiedergegeben wird.
die Grünen
Wir befürworten es, wenn die Regelsätze jährlich überprüft und angepasst werden. Allerdings halten wir es für sachgerecht, wenn bei der Anpassung nicht nur die Preisentwicklung, sondern auch die Lohnentwicklung berücksichtigt wird. Bei steigenden Einkommen haben die LeistungsbezieherInnen auf diese Weise am steigenden Wohlstandsniveau teil.
5. Setzen Sie sich dafür ein, wieder Zuschüsse für die Finanzierung langlebiger Gebrauchsgüter, aufwändiger Leistungen der Gesundheitspflege und bei hohen Mobilitätsanforderungen zu gewähren?
die Linke
Im Grundsatz plädiert DIE LINKE für ausreichend hohe Regelbedarfe, um die separate Beantragung von Sonderbedarfen zu vermeiden. Soweit und sofern die Regelbedarfe aber ein derartiges Niveau nicht erreichen, sind offenkundig zusätzliche Leistungen neben dem Regelsatz notwendig. Dies gilt insbesondere bei teuren langlebigen Gebrauchsgütern. Die bisherige Praxis der Finanzierung über Darlehen hat sich nicht bewährt. Bei aufwändigen Leistungen für die Gesundheitspflege wäre im Konkreten zu prüfen, ob hier nicht das Gesundheitssystem zuständig ist.
CDU/CSU*
Ich halte grundsätzlich das System der Pauschalierung im SGB II für richtig. Allerdings bedarf es eines Spielraums im Gesetz, um Einzelfall-Regelungen in Härtefallen zu treffen. Die s trifft besonders bei gesundheitlich eingeschränkten Menschen zu. Hierfür werde ich mich einsetzen.
SPD
Es ist richtig, dass z. B. aufgrund der geringen Fallzahl bei einzelnen Verbrauchspositionen dann sehr niedrige Werte zustande kommen, die ein sehr langes Ansparen auf einzelne Produkte voraus setzen; wo es sich um individuell notwendige Güter (wie z. B. „weiße Ware“) handelt, sollten daher die Öffnungsklauseln in SGB II und SGB XII erweitert werden, so dass diese als Antragsleistung gewährt werden können.
FDP
Die Finanzierung langlebiger Gebrauchsgüter erfolgt über den verfassungsgemäß berechneten Regelbedarf. Dem Regelbedarf liegt ein durchschnittlicher Verbrauch zu Grunde, er muss nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts insgesamt so bemessen sein, dass ein interner Ausgleich zwischen den einzelnen Positionen möglich ist. Mit der Inanspruchnahme von Darlehen, die wir rechtssicher ausgestaltet haben, besteht die Möglichkeit besondere Bedarfe zu decken und notwendige Anschaffungen zu tätigen. Auch Mehrbedarfe werden über die geltende Rechtslage berücksichtigt.
die Grünen
Aus unserer Sicht spricht viel dafür, wenn wieder sog. einmalige Bedarfe eingeführt werden. Es hat sich nicht bewährt, dass Güter, deren Kauf nur sehr selten ansteht, in den monatlichen Regelbedarf integriert worden sind. So sieht der Kinderregelsatz eine monatliche Pauschale von 68 Cent für den Kauf eines Fahrrads vor. Auch andere Geräte wie Waschmaschinen, Fernseher, Computer oder Möbel lassen sich typischerweise nicht aus dem Regelbedarf ansparen.
6. Stimmen Sie der Ansicht zu, dass ein menschenwürdiges Existenzminimum unabhängig davon gewährt werden muss, ob Leistungsberechtigte gerade über Erwerbseinkommen verfügen können oder nicht und soziokulturelle Mindestbedarfe in jedem Fall gewährleistet werden müssen?
die Linke
Das menschenwürdige Existenzminimum ist ein Grundrecht. Dieses Grundrecht ist von der öffentlichen Hand „stets“ und „unabdingbar“ zu gewährleisten – so die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts. Dieser Position schließt sich DIE LINKE an. Das ausschließliche Kriterium für den Bezug der Grundsicherungsleistung ist die „Bedürftigkeit“. Insofern kann der genannten Ansicht nur zugestimmt werden. Unabhängig davon ist es ein wesentliches Ziel der LINKEN den Arbeitsmarkt dergestalt neu zu organisieren, dass man von Erwerbsarbeit auch leben kann. Zumindest eine Vollzeitbeschäftigung muss existenzsichernd sein.
CDU/CSU*
Das System des SGB II richtet sich aus nach dem Grundsatz der christlichen Soziallehre, dem Subsidiaritätsprinzip. Dem Einzelnen wird dann geholfen, wenn er nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern. Dazu gehören für mich die Prinzipen Hilfe zur Selbsthilfe, Eigenverantwortung und Eigeninitative.
Solidarität und Subsidiarität gehören zusammen und bilden gemeinsam ein Kriterienpaar zur Gestaltung der Gesellschaft im Sinne der sozialen Gerechtigkeit. Das heißt aber auch, dass jeder seine eigene Verantwortung und seine Leistungsfähigkeit einzubringen hat. Und es muss sichergestellt sein, dass jemand der arbeitet, besser gestellt ist als jemand der nicht arbeitet.
SPD
Selbstverständlich, genau dies ist die Aufgabe der Regelleistungen des SGB II und des SGB XII. Die Bemessung der Regelleistungen darf daher nicht haushaltspolitisch motiviert sein, sondern muss sich an dieser Sicherungsfunktion orientieren.
FDP
Das verfassungsrechtlich gesicherte Recht auf menschenwürdige Existenzbedingungen, wie es in den Sozialgesetzbüchern II und XII gewährleistet wird, umfasst auch das soziokulturelle Existenzminimum. Ein bedingungsloses Grundeinkommen lehnen wir ab. Wir streben die Vereinheitlichung und Pauschalierung aller Sozialleistungen in einem Budget an, das in Form des „Liberalen Bürgergeldes“ die Menschen über eine einzige Behörde unkompliziert erreicht. Mit dem liberalen Bürgergeld wollen wir die Unterstützung für Bedürftige und Arbeitslose neu ordnen. Das Bürger-geld wird eigenverantwortliches Handeln auch in schwierigen Lebenslagen erleichtern, starke An-reize zur Überwindung der Bedürftigkeit bieten und effizienteres Verwaltungshandeln unter größerer Rechtssicherheit ermöglichen.
die Grünen
Art. 1 des Grundgesetzes verbrieft die menschliche Würde als unantastbar und in Art. 20 GG ist das Sozialstaatsprinzip verankert. Beide Grundsätze verpflichten den Gesetzgeber darauf, jedem in Deutschland lebenden Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten. Ob eine Person Erwerbseinkommen erwirtschaftet oder auf Sozialleistungen angewiesen ist, hat auf diesen Anspruch keinen Einfluss. Der Schutz der Menschenwürde ist unabdingbar. Ein menschenwürdiges Existenzminimum erfordert eine angemessene Regelsatzhöhe. Der aktuelle Regelsatz ist zu niedrig. Wir wollen ihn erhöhen, damit auch die Menschen, die keine Arbeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Wir fordern, dass der ALG-II-Regelsatz für Erwachsene auf 420 Euro erhöht wird. So sorgen wir dafür, dass niemand nur aufgrund von Arbeitslosigkeit unter die Räder kommt. Damit die Anhebung finanzierbar ist und um zu verhindern, dass immer mehr erwerbstätige Menschen Armutslöhne „aufstocken“ müssen, gehört die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns unabdingbar zu einer reformierten Grundsicherung dazu. Wir setzen uns für ein unverfügbares soziokulturelles Existenzminimum ein. Wir haben die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz zu einem unserer Schlüsselprojekte gemacht, das wir nach der Bundestagswahl umsetzen wollen.
7. Setzen Sie sich dafür ein, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz ohne Abstriche umzusetzen und alle in Deutschland Lebenden In die Grundsicherung einzubeziehen?
die Linke
DIE LINKE lehnt das Sonderrecht für Asylbewerber und Asylbewerberinnen ab und fordert die Einbeziehung der betroffenen Personen in die regulären Grundsicherungssysteme (vgl. Bundestagsdrucksache 17/4224).
CDU/CSU*
Ja, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz ist vollumfänglich umzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht hat im letzten Jahr die Höhe der Geldleistungen als verfassungswidrig bezeichnet. Ich halte aber an einem eigenständigen Asylbewerberleistungsgesetz fest, denn die Asylbewerber haben, solange sie noch im Verfahren zur Anerkennung sind, einen anderen Bedarf als diejenigen, die hier auf Dauer leben und sich im Grundsicherungsbezug befinden. Dies wurde vom Verfassungsgericht auch nicht beanstandet.
SPD
Für die SPD ist nicht die Frage, in welchem Gesetz die Leistungen für Asylbewerberinnen und –bewerber geregelt sind, entscheidend, sondern die Höhe der existenzsichernden Leistungen. Auch bei Beibehaltung des Aslybewerberleistungsgesetzes als eigenständiges Leistungsgesetz sind die Leistungshöhen an die verfassungsrechtlich gebotenen Vorgaben der Sicherung der sozio-kulturellen Teilhabe anzupassen.
Zudem ist die entmündigende Versorgung mit Sachleistungen und die Unterbringung in Sammelunterkünften als Regelfall zu beenden. Die sogenannte Residenzpflicht für Asylbewerberinnen und –bewerber und Geduldete soll aufgehoben und zwecks gerechter Kostenverteilung zwischen den Ländern wie auch den Kommunen auf eine Wohnsitzauflage beschränkt werden. Die Möglichkeiten des Zugangs zum Arbeitsmarkt sollen dahingehend stärker vereinheitlicht werden, dass die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung zur Regel wird.
FDP
Asyl ist ein Grundrecht und wer politisch verfolgt ist, muss eine menschenwürdige Aufnahme finden. Die FDP hat sich in der Regierung dafür eingesetzt, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes rasch umgesetzt werden und die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz entsprechend der vom Bundessozialgericht bestätigten Berechnungen der Leistungen nach dem SGB II angepasst werden. Darüber hinaus fordert die FDP, die Arbeitserlaubnispflicht für Asylbewerber und die Residenzpflicht abzuschaffen. Wer sich rechtmäßig in Deutschland aufhält muss auch arbeiten und sich frei bewegen dürfen.
die Grünen
Wir wollen das Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen, die Ansprüche der AsylberwerberInnen ins Sozialgesetzbuch überführen und die unwürdige Gutscheinpraxis beenden. Wir wollen zudem die Ausbildungs- und Arbeitsverbote für Asylsuchende beseitigen und schaffen den rechtlichen Rahmen, damit sich Flüchtlinge im gesamten Bundesgebiet frei bewegen können. Dazu schaffen wir die Residenzpflicht ab und setzen uns für einen weniger reglementierten Alltag ein. Wir setzen uns dafür ein, dass Flüchtlinge menschenwürdig in eigenen Wohnungen leben dürfen. Auch wollen wir Flüchtlingen von Anfang an den Zugang zu Bildung, Gesundheitswesen, Integrationskursen, Spracherwerb und Kommunikationsmedien eröffnen. Denn für uns gilt, was das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich klargestellt hat: Das Existenzminimum ist für alle in Deutschland gleich.
8. Welche Form der Einbeziehung der Zivilgesellschaft bei den politischen Entscheidungen über die Gewährleistung des Existenzminimums wird von Ihnen unterstützt und wie bewerten Sie es, dass Nichtregierungsorganisationen an der Ermittlung des Existenzminimums und sozialstaatlicher Strategien zu seiner Sicherstellung bisher nicht beteiligt werden?
die Linke
DIE LINKE hat in ihrem Antrag zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Bundestagsdrucksache 17/2934) eine überparteiliche Kommission aus Abgeordneten, Sachverständigen, Personen des allgemeinen öffentlichen Interesses sowie Vertreterinnen und Vertretern von Betroffenen gefordert. Die Aufgabe dieser Kommission sollte sein, verschiedene Verfahren zur Festlegung des Existenzminimums zu prüfen und geeignete Vorschläge der Öffentlichkeit und dem Parlament zur Debatte vorzulegen.
CDU/CSU*
Als jemand, der selbst sehr lange in der Verbandsarbeit tätig war, halte ich es für richtig und notwendig, möglichst viele Teile unserer Bürger- und Zivilgesellschaft in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen. So stärken wir die Transparenz und die Demokratie. Zudem haben wir so die Chance, mehr Verständnis für unser politisches Handeln zu erlangen. Zu begrüßen ist es, dass die Bundesregierung eine Vielzahl an Dialogformaten mit Bürgern und Experten entwickelt hat. Die Bundeskanzlerin hat beispielsweise einen Zukunftsdialog gestaltet, der Experten und Bürger Gelegenheit gibt, relevante Trends und politische Herausforderungen zu diskutieren. Auch bei konkreten Gesetzgebungsvorgaben sind solche Formate denkbar. Workshops können neben den bereits jetzt praktizierten breiten Anhörungsverfahren sinnvolle Ergänzungen sein.
SPD
Die SPD ist der Auffassung, dass bei der Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe als Grundlage der Bemessung der Regelbedarfe auch Vertreter der Sozial- und Wohlfahrtverbände und der Wissenschaft zu beteiligen sind.
FDP
Politik ist stets auf den Austausch mit den vor Ort arbeitenden Verbänden und Vereinen angewiesen, denn sie sind genaue und wichtige Beobachter der Entwicklungen. Dieser Austausch ist insbesondere im Bereich der Sozialgesetzgebung zu begrüßen. Erfahrungen, Ratschläge, Meinungen und Wünsche von Interessensvertretungen jeglicher Art müssen weiterhin die Grundlage für einen konstruktiven Dialog über die Weiterentwicklung der Gesetzgebung sein. Darüber hinaus wollen wir insbesondere die großen Sozialverbände dafür gewinnen, die Wirksamkeit ihrer Ange-bote kritisch zu überprüfen und im Sinne der Überwindung von Bedürftigkeit und der Befähigung zu möglichst großer Selbstständigkeit der unterstützungsbedürftigen Personen weiter zu entwickeln.
die Grünen
Es ist Aufgabe des Gesetzgebers das menschenwürdige Existenzminimum festzulegen. Das hat das Bundesverfassungsgericht betont. Wir kritisieren aus diesem Grund, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den Gesetzgeber nicht angemessen beteiligt hat. Wir sind aber auch der Auffassung, dass der Gesetzgeber diese Aufgabe nicht an Experten delegieren kann und delegieren sollte. Wir wollen aber einen sehr intensiven Dialog mit fachkundigen Experten und Verbänden. Schwarz-Gelb hat den Dialog mit der Zivilgesellschaft dagegen auf ein Minimum reduziert, das führt in die Sackgasse. Dafür gibt es in den zurückliegenden 4 Jahren zahlreiche Beispiele.
9. Nehmen Sie unveräußerliche soziale Rechte der in Deutschland Lebenden wahr, die unter keinen Finanzierungsvorbehalt gestellt werden dürfen? Welche sind dies?
die Linke
Deutschland ist nach dem Grundgesetz ein sozialer Rechtsstaat. Nach Ansicht der LINKEN bedeutet dies, dass der Staat dazu verpflichtet ist, soziale Ungleichheit abzubauen und soziale Sicherheit für Alle zu gewährleisten. Soziale Grundrechte sind im Grundgesetz nicht durchbuchstabiert. Die LINKE hat sich zur Aufnahme sozialer Grundrechte in die Verfassung bekannt (Bundestagsdrucksache 16/13791). Ein sozialer Rechtsstaat hat die Verpflichtung, soziale Grundrechte zu schützen und zu gewährleisten. Grundrechte kennen keinen Finanzierungsvorbehalt. Der Staat ist im Gegenteil verpflichtet sich die entsprechenden Ressourcen zu beschaffen, damit er seine Aufgaben pflichtgemäß erfüllen kann.
CDU/CSU*
Unveräußerliche soziale Rechte sind für mich die Wahrung der Menschenwürde, die Menschenrechte, die Sicherung des Existenzminimums und das Recht auf Teilhabe. Das Teilhaberecht gibt jedem die Möglichkeit, am kulturellen und gesellschaftlichen Leben sowie den gesellschaftlichen Errungenschaften teilzunehmen. Dies beinhaltet auch das Recht auf Arbeit, welches jedem die Möglichkeit gibt, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte Arbeit zu verdienen. Gerechte Arbeitsbedingungen sind vom Staat zu schützen. All dies darf nicht unter Finanzierungsvorbehalt gestellt werden.
SPD
Wir garantieren für alle Menschen in Deutschland einen funktionierenden Sozialstaat.
FDP
Die Regelbedarfe nach SGB XII und SGB II und das damit ermöglichte soziokulturelle Existenzminimum stehen unter keinem Finanzierungsvorbehalt.
die Grünen
Art. 1 GG schreibt die unbedingte Achtung vor und den Schutz der menschlichen Würde vor. Den Schutz der Menschenwürde halten wir für unveräußerlich – auch im Sozialrecht. Eine Hierarchisierung von Rechten in diesem Bereich lehnen wir ab. Das physische und das soziokulturelle Existenzminimum dürfen nicht gegeneinander aufgerechnet werden.
*Für die CDU/CSU antwortete MdB Karl Schiewerling, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion.